Menschliche Abgründe im Stadtpark

Eine Reportage von Basil Weingartner

Hunderte Süchtige und Drogenhändler, Zehntausende blutige Spritzen, Schiessereien.

Der Berner Kocherpark war Heimat der zweitgrössten Drogenszene Europas und Schauplatz einer menschlichen Tragödie. Vor genau 25 Jahren wurde der Park geräumt.

«Bruchsch Stoff?» Was für eine Frage. ­Jeder wollte Stoff im Kocherpark, in den frühen 90er-Jahren. Heroin. Kokain. Nach diesen verlangte der Körper des Süchtigen. Die Körper von Tausenden Süchtigen. Jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Nachmittag, jeden Abend. Immer und immer wieder. Das wussten auch die Drogenhändler. «Bruchsch Stoff?», war aus Dutzenden Mündern zu hören. Das wiederum wusste die Polizei. Und so jagten die Zivilfahnder die verdächtigen Anwesenden – und verdächtig waren sie alle – immer mal wieder in Richtung der Begrenzungsmauer des Parks. Die Flüchtenden kletterten über das Steinbauwerk – und dort direkt in die Arme der dahinter platzierten Polizisten.

«Dort konnten wir sie anhalten», erinnert sich Drogenfahnder Kurt Joos ein Vierteljahrhundert später. Im Polizei­jargon hiess das damals «Drögeler pflücken». Man wollte aber auch «für Recht und Ordnung sorgen». Genauso, wie man das damals in der Polizeischule gelernt hatte, so Joos. Doch der damals junge Polizist merkte schnell, dass es nicht so einfach war. Denn was nützt das erlernte effektive und auch unzimperliche Polizei­handwerk gegen menschliches Elend, gegen die Sucht Tausender?



Zwischen dem 16. April 1991 und März 1992 war der Berner Kocherpark ein Drogenparadies, eine Drogenhölle. Bis zu 600 Süchtige bevölkerten den ansonsten unscheinbaren Stadtpark. Sie waren auf der Suche nach Drogen, nach Spritzen, vor allem aber nach Geld für die Drogen. Dafür wurde geklaut. Dafür wurde sich prostituiert. 29-Jährige. 22-Jährige. 17-Jährige. Der Sex: billig. Die Drogen: teuer. Die Nächte für die Süchtigen deshalb lang und traumatisierend. Ein Gramm kostete üblicherweise rund 350 Franken, wie sich eine Bernerin für den «Bund» erinnert, die damals im Kocherpark verkehrte. Doch sei der Stoff viel sauberer gewesen als heute. Sie schätzt den damaligen Reinheitsgrad des Heroins auf bis zu 40 Prozent.

Tägliche Reanimationen

«Im Kocherpark existierte eine eigene Gesellschaftsform», sagt Barbara Mühlheim, Leiterin der Kontrollierten Drogenabgabe­stelle (Koda) und Grossrätin, die in dieser Zeit als Sozialarbeiterin für Contact an vorderster Front tätig war. Es war eine raue Form des Zusammenlebens. Im Park gab es eine Hackordnung (siehe Text unten rechts). Die Stimmung war gereizt, die Aggressionen latent – vor allem dann, wenn die Drogen knapp waren und die Preise stiegen. Sie habe im Park stets ein «ungutes Gefühl» gehabt, sagt eine Frau, die damals im Park ihre Drogen kaufte. Die Verhältnisse im Park waren erbärmlich – medizinisch, hygienisch und sozial. Fast täglich mussten Süchtige reanimiert werden. In manchen Wochen waren es so viele wie in der stark unter den Folgen der Drogen leidenden Grossstadt Rotterdam in einem Jahr, wie holländische Sucht­experten bei einer Visite in Bern erstaunt feststellten.



Neben einer Überdosis bedrohten das HI-Virus und Hepatitis die Drogenabhängigen, die sich oft die Spritzen teilten und sich so infizierten. Im Kocherpark war es auch sonst gefährlich: Wer nicht zahlen konnte, wurde von den mehrheitlich vom Balkan stammenden Drogendealern verprügelt; Drogendeals endeten auch in Schiessereien. Die Rettungskräfte wagten sich nur mit Bergschuhen in den Park. Aus gutem Grund: Zu dünne Sohlen wurden von den zu Zehntausenden am Boden liegenden Spritzen schlicht durchstochen. Der Park war zudem voller menschlicher Exkremente. Es war ein vertrautes Bild in Bern: Seit den 1980er-Jahren hatten die Drogen die Stadt im Griff.

Nach Münsterplattform und Kleiner Schanze befand sich die Szene im Frühling 1991 auf der Bundesterrasse. Und zwar direkt vor den Fenstern der Bundeshauszimmer. Die Magistraten waren nicht erfreut. Die «Situation sei für Behörden, Verwaltung und Öffentlichkeit kurzerhand unzumutbar geworden», schrieb der Bundesrat dem Stadtpräsidenten Werner Bircher (FDP), wie Akten im Stadtarchiv zeigen.




Die «in den Nachmittagstunden oft zunehmend alkoholisierten» Süchtigen und «das Gebell ihrer zahlreichen Hunde» würden Politiker und Beamte in ihrer Arbeit «ernsthaft stören». Auch lokale Politprominenz intervenierte schriftlich. Etwa der damalige SP-Nationalrat ­Peter Vollmer, dessen Wohnung an die Bundesterrasse grenzt.

«Filterlifixer» litten am meisten
Nicht allen ging es im Kocherpark gleich schlecht. Am schlimmsten traf es die Filterlifixer. Sie konnten oder wollten das Geld nicht auftreiben, das sie für ihren Drogenkonsum benötigten. Bei Preisen von 350 Franken pro Gramm Heroin war es für Schwache oder Kranke schwierig, den Konsum zu finanzieren. Um gleichwohl an den Stoff zu kommen, nach dem sie süchtig waren, liessen sie sich auf einen Tauschhandel ein. Einen ebenso unappetitlichen wie ungesunden. Auf eigens aus Brettern gezimmerten Tischen, den sogenannten Filterlitischen, boten sie anderen Süchtigen Löffel an, die zum Aufkochen der Heroinlösung verwendet wurden. Ebenso die als Lösungsmittel verwendete Ascorbinsäure sowie Spritzen. Im Tausch dafür bekamen sie einen kleinen Batzen. Viel wichtiger aber: Die anderen Süchtigen überliessen ihnen die gebrauchten Zigarettenfilter, durch die sie zuvor das Heroin aus dem Löffel in die Spritze aufgezogen hatten. Die Filterli­fixer injizierten sich anschliessend die daraus gelösten Heroinreste mitsamt den Verschmutzungen in ihre Venen. Neben Streckmitteln waren diese oft auch mit HIV-infizierten Blutrückständen verunreinigt. Deshalb litt die Gesundheit der Filterlifixer am meisten. Die Schliessung des Kocherparks brachte Linderung – schlicht weil nun weniger Süchtige da waren, die ihnen ihre Filter überliessen.

Schweigsame Behörde

Am 15. April 1991 wurde die Bundesterrasse gesperrt. Die Szene verschob sich umgehend in den nahen Kocherpark. Letzterer sei schon «seit Tagen über die Szene hinaus als neuer Standort gehandelt» worden, sagt der damalige Polizeisprecher Lorenz Hess, der heute für die BDP im Nationalrat sitzt. Sprich: Die Behörden hatten den Kocherpark als neuen Standort auserkoren, um die Drogenszene vom Bundeshaus wegzulotsen. Das bestätigt Barbara Mühlheim. «Die Stadt sorgte dafür, dass die Drogenszene in den Kocherpark geht.» Das stellt auch Luc Mentha nicht in Abrede. Der spätere Gemeindepräsident von Köniz und heutige SP-Grossrat war damals General­sekretär der Berner Sozialdirektion. 1991 hütete man sich, das Vorgehen der Behörden transparent zu machen. Zu massiv war der Unmut der Anrainer des Kocherparks.

Ein «Mattehöfler» etwa verlangte in einem bissig geschriebenen Brief an den Gemeinderat die «­Räumung» des Parks – «und zwar sofort!». Andere boten der Polizei gar ihre Mitarbeit an. Auch das Gewerbe, die Bernburger und die nahe Rudolf-Steiner-Schule intervenierten. Man fürchtete um die Schüler und das Eigentum und liess auf Kosten der Stadt etwa Sicherheitsglas verbauen. Zwischen den Zeilen zeugen die Briefe der Bürger aber auch von den zivilisatorischen Ängste, welche die Vorgänge im Kocherpark im beschaulichen Bern auslösten. Dagegen half in den Augen vieler Anrainer nur eines: «Mehr Polizei».

Die Gassenküche entsteht

14 678 Stunden lang hatten Berner Stadtpolizisten allein im Jahr 1991 Dealer und Drogenabhängige kontrolliert. Für Observationen kamen weitere 3243 Stunden dazu. Der städtische Polizeidirektor Marco Albisetti (FDP) hatte bereits bei den Jugendunruhen seine harte Hand unter Beweis gestellt. Im Chefsessel der Sozialdirektion sass derweil mit dem späteren Stapi Klaus Baumgartner (SP) ein Mann, der grosse Sympathien für eine nicht repressive Drogenpolitik hegte. Als Folge davon pendelte die städtische Drogenpolitik zwischen Laissez-faire und kompromissloser Repression. Dies bei gleichzeitig fast inexistenter ­sozialer Betreuung: Bis Ende der 80er-Jahre gab es weder eine für die HIV-Prävention genügend ausgebaute Spritzenabgabe noch eine Notschlafstelle für die Drogenabhängigen.

Das passte einer Gruppe von Gymnasiasten und jungen Studenten nicht. Sie eröffneten 1990 die erste Notschlafstelle, in der auch Süchtige willkommen waren und gründeten die Schülerkoordination. Einer der Aktivisten war Marc Kilchenmann, der damals eben mit seinem Studium begonnen hatte. Er erinnert sich: «Unser Ziel war es, den Drogenkonsum zu legalisieren.» Kilchenmann und seine Mitstreiterinnen kochten gemeinsam mit Eltern von Süchtigen für die Menschen im Kocherpark. Das passte wiederum ­Sozialarbeiterin Barbara Mühlheim nicht. Sie warf der Schülerkoordination vor, zur Szenenbildung beizutragen und den Bekochten so einen Bärendienst zu erweisen. Die jungen Aktivisten warfen Mühlheim umgekehrt vor, eine «Verwalterin des Drogenproblems» zu sein. Denn die jungen Politaktivisten, die das Essen für die Drogenkonsumenten in der Reitschule kochten, waren überzeugt: Nur bei einer Legalisierung ist es möglich, Zustände wie im Kocherpark zu vermeiden ohne Repression anzuwenden. An die offene Drogenszene erinnert sich Kilchenmann, der heute Musiker und Komponist ist, mit einem Schaudern zurück. «Die Verelendung der Menschen war fürchterlich.»

Polizei agiert mal hart mal sanft

Mühlheim, die zusammen mit ihrem Team im Auftrag von Contact täglich bis zu 7000 Spritzen verteilte und im Park über 150 Menschen reanimierte, war nicht nur für die Gruppe um Kilchenmann «ein rotes Tuch». Die resolute junge Frau war auch bei der Polizei gefürchtet. «Sie schaute mit Nachdruck, dass die Beamten die Abhängigen korrekt behandelten», sagt Polizist Thomas Zwahlen, der heute Dienstchef der stationierten Polizei Bern-Nord ist. Nicht alle sahen die Polizeiarbeit so: So warf etwa die linke «Wochenzeitung» der Polizei vor, sie greife viel zu hart durch.

Man habe aber bald realisiert, dass man die Lage nur gemeinsam mit den ­Sozialarbeitern in den Griff bekomme, sagt Polizist Zwahlen. «Das Elend war allgegenwärtig.» Manche der Drogensüchtigen habe er nach der Kontrolle direkt ins Spital einliefern müssen. Polizisten erzählen, dass einige faulige Glieder hatten. Man habe eine Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern angestrebt – im Kocherpark ebenso wie im Umfeld der seit kurzem offenen Drogenanlaufstelle an der Nägeligasse, so Zwahlen. Das neue Fix​erstübli war meist überlaufen. Die Abhängigen hielten sich deshalb auf der Strasse auf – und damit im direkten Blickfeld von Polizeidirektor Albisetti. Der griff dann zum Hörer und wählte die Nummer der Polizeiwache. Der Befehl: die Süchtigen kontrollieren und wegweisen. In der Folge blieben diese der Anlaufstelle fern. Das machte wenig Sinn, fanden auch die im Einsatz stehenden Polizisten. Und so begannen sie, Drogenbesitz im Umfeld der Anlaufstellen in gewissen Ausmass zu tolerieren, ohne Polizeikommandant Armin Amherd und Polizeidirektor Albisetti davon zu unterrichten.

Eine Nacht-und-Nebel-Aktion

Doch dann kam Albisetti «an die Kasse», wie sich Luc Mentha erinnert. Gemeinsam mit Sozialdirektor Klaus Baumgartner hatte Albisetti «Nachbarn und Anwohner des Kocherparks» zu einer Aussprache eingeladen. Diese griffen die Gemeinderäte an. Die beiden Politiker realisierten, dass es «mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen nicht so weitergehen kann». Baumgartner holte daraufhin Hilfe in Holland, dessen Drogenpolitik als fortschrittlich galt. Die eigens angereisten Holländer, ein Suchtexperte und ein Polizist, waren schockiert ob der Verhältnisse im kleinen Bern. Eine Schliessung des Kocherparks wurde als Ziel definiert – aber nicht umgehend vollzogen. Aufgrund der nicht vorhandenen Angebote für die Süchtigen hätte sich die Szene schlicht an den nächsten Ort verschoben. Neue Angebote wurden geschaffen. Gleichzeitig wurden im Park mehrere Razzien durchgeführt. Einmal ordnete der Polizeikommandant in einer Nacht-und-Nebel-­Aktion an, Zelte abzuräumen, in denen ein paar Dutzend der Süchtigen lebten. Es «waren nur wenige Betreuer von Contact anwesend, Reporter bemerkte ich ebenfalls keine», wie im Polizeiprotokoll des Einsatzes festgehalten ist.

Die Süchtigen wollen nach Bern

Unter dem Codenamen «Pfau» wurden Personenkontrollen durchgeführt. Es wurden jeweils gegen hundert Menschen angehalten und überprüft. Die meisten waren unter 30 Jahre alt. Lange nicht alle wohnten in der Stadt Bern, wie Akten zeigen. Die Abhängigen stammten auch aus dem Emmental und aus den Tälern des Berner Oberlands – viele auch aus der Romandie. Später folgten «Rückschaffungsaktionen»: Die auswärtigen Personen sollten in ihre Heimatgemeinde überführt werden. «Doch oft waren die Süchtigen schon wieder im Park, wenn wir mit dem Polizeiauto zurück in Bern waren», sagt Zivilfahnder Joos. Im Februar wurde die Schliessung auf «spätestens Ende März» beschlossen. Am 31. März 1992 wird der Kocherpark von einem Grossaufgebot der Polizei geräumt. «Bruchsch Stoff?» hiess es fortan im Hirschengraben, beim Kornhausplatz, auf der Schützenmatte. Eine grosse offene Drogenszene bildete sich in Bern seither aber nicht mehr.

Wechselvolle Jahre nach der Schliessung

Interview: «In der Drogenszene sind erneut Fehlentwicklungen möglich»

Was hat sich seit der Schliessung des Kocherparks verändert? Sehr vieles, sagt Rahel Gall Azmat, von der Contact Stiftung für Suchtfragen.

Frau Gall Azmat, vor 25 Jahren wurde der Kocherpark geräumt. Was hat sich seither für die ­Drogensüchtigen geändert?
Ein gutes Netz mit vielen unterschiedlichen Suchthilfeangeboten wurde aufgebaut. Davon können zum einen die Süchtigen profitieren, zum anderen profitiert aber auch die Öffentlichkeit.

Wie genau wird den Süchtigen geholfen?
Die Schweizer Drogenpolitik basiert auf dem Viersäulenmodell Repression, Therapie, Schadensminderung und Prävention. Dadurch gibt es die Möglichkeit, auf die unterschiedlichen Lebenssituationen und Bedürfnisse der abhängigen Personen einzugehen. Wir von Contact arbeiten in der Schadensminderung. Das heisst, wir arbeiten mit jenen Menschen, denen es trotz vieler Versuche nicht gelingt, von der Abhängigkeit wegzukommen. Wir ermöglichen ihnen, ein einigermassen menschenwürdiges Leben leben zu können.

Die Drogenszene ist in Bern nicht mehr sichtbar. Kritiker sagen, dies gehe zulasten der Süchtigen. Etwa wenn diese weggewiesen werden. Was sagen Sie dazu?
Zur Frage, wie viele randständige Menschen es im öffentlichen Raum verträgt, gehen die Meinungen auseinander.

Was finden Sie?
Randständige haben wie alle anderen das Recht, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten. Es gibt aber Situationen, die als störend empfunden werden. Etwa wenn die Gruppen zu laut sind oder Spritzen herumliegen. Ziel ist, ein gutes Gleichgewicht zu finden.

Derzeit wird moniert, die Drogenszene rund um die Anlaufstelle an der Hodlerstrasse verschärfe die Konflikte im Bereich der Schützenmatte. Deshalb will die Stadt Bern einen Standort für eine zweite Anlaufstelle suchen. Unterstützen Sie dies?
Wir sind bereit, eine zweite Anlaufstelle zu betreiben. Der Standort muss aber den Anforderungen genügen.

Rahel Gall Azmat, ist seit 2016 Leiterin der Contact Stiftung für Suchthilfe.

Wie sehen diese aus?
Eine Anlaufstelle ist in keinem Quartier willkommen. Die Akzeptanz der Anwohner ist aber eine Voraussetzung, auch muss die Lage zentral sein, sonst kommen die Süchtigen nicht.

Gibt es überhaupt Standorte, die all dies erfüllen?
Ich weiss derzeit keinen. Aber das heisst nicht, dass es keinen gibt. Aber ich zweifle daran, ob die Schaffung eines zweiten Standorts tatsächlich umsetzbar ist.

Das Viersäulenmodell wurde Anfang der 90er-Jahre vor dem Hintergrund der offenen Drogenszene ­geschaffen. Ist die Suchtpolitik inzwischen veraltet?
Nein, denn sie hat sich stetig weiterentwickelt. Anfang der 90er-Jahre verstand man unter Schadensminderung vor allem Überlebenshilfe – etwa durch Spritzenabgabe und saubere Konsumräume. Heute ist man viel weiter. Die Angebote können die negativen Folgen und Risiken des Konsums reduzieren. Auch die damals konfliktbeladene Zusammenarbeit mit der Polizei funktioniert heute gut.

Welche Verbesserungen sind möglich?
Man muss Sorge tragen zum aktuellen Angebot. Sonst sind erneute Fehlentwicklungen der Drogenszene möglich. Auch gilt es, die Trends bei den Drogen und den Konsumformen nicht zu ­verpassen.

In den USA ist Heroin wieder im Trend. Rechnen Sie auch in der Schweiz mit einem Revival?
Bisher gibt es keine Anzeichen dafür. Aber das kann sich ändern. Derzeit sind in Bern Drogen wie Kokain und Ecstasy beliebt. Diese wirken aufputschend und animierend und passen daher besser zum derzeitigen Trend und Image einer Leistungsgesellschaft. Aber wie das bei der nächsten Generation sein wird, weiss man nicht.

Was halten Sie von einer Entkriminalisierung von Drogen?
Ich halte viel davon – ebenso von einer Regulierung. Dadurch könnte man vielen der aktuellen Probleme entgegenwirken. Ich halte aber wenig von einer unkontrollierten Legalisierung.

Texte und Interview: Basil Weingartner
Umsetzung: Basil Weingartner und Christian Zellweger
Bilder: Monika Flückiger, Benjamin Zurbriggen, Valérie Chételat, Stadtpolizei Bern, Keystone

© Tamedia